Podcast-Folge 3
In der dritten Folge begeben sich Selma Alihodžić und Sophie Mercedes Lardon auf eine Reise durch Basel und besuchen vier Kunstwerke von Frauen im öffentlichen Raum.
Technische Realisation: Tonton GmbH
Postproduktion: Martina Weber und Jochen Dreier
Darum geht es in dieser Folge
Das Engagement der Stadt Basel, mehr Frauen in den öffentlichen Räumen Basels sichtbar zu machen, manifestiert sich in Skulpturen, Brunnen und Kunstwerken. Selma und Sophie führen die Zuhörer*innen durch Basel und besprechen anhand selektierter Kunstwerke im öffentlichen Raum Künstlerinnenbiografien und ihren Bezug zur Stadt. Sie besuchen die Werke «Helvetia auf Reisen», «Die Spirale (der Gang der Natur)», «Polyvolume» und «Dreamer (Wie tief ist die Zeit?)».
«Helvetia auf Reisen» von Bettina Eichin
Nachdenklich und beinahe müde blickt Helvetia rheinabwärts in die Ferne. Sie sitzt auf einem Mauervorsprung auf der Kleinbasler Seite des Rheins. Mantel, Schild, Speer und Koffer hat sie neben sich abgelegt. Bettina Eichin (*1942) bricht in ihrem Werk mit der gängigen Darstellung der Schweizer Repräsentationsfigur Helvetia. Stehend für Produktivität und Reichtum, und in den 60er/70er Jahren auch für politische Statements wie Wahlberechtigung, versinnbildlicht Helvetia den nationalen Stolz. Die Künstlerin entfernt sich in ihrem aufwändig hergestellten Bronzeguss von dieser Darstellung. Auch in ihren anderen Werken arbeitet Eichin mit poetischem Realismus – in einer Zeit, in der Frauen nicht realistisch sein durften.
«Eichin hat den Status Quo der Helvetia verändert.»
Sophie Mercedes Lardon
«Die Spirale (der Gang der Natur)» von Meret Oppenheim
Inmitten des zweitgrössten Brunnens von Basel ragt der rund 3,60 m hohe, abstrakte Messingguss der Künstlerin Meret Oppenheim in die Höhe. Über 30 Jahre hat es gedauert, bis aus der Vision Realität wurde. Die grosse Brunnenskulptur ist eine posthume Vervielfältigung des Werks «La Spirale (der Gang der Natur)», das Oppenheim 1971 als Gipsmodell anfertigte. Im Juni 2019 wurde die Skulptur auf dem Meret Oppenheim-Platz eingeweiht. Der Platz, der Brunnen sowie das dazugehörige Hochhaus wurden von den Basler Architekten Herzog & de Meuron zusammen mit Westpol Architekten gestaltet und der Künstlerin gewidmet. Die «Muse des Surrealismus», wie Oppenheim bezeichnet wird, wollte als Künstlerin eigenständig sein. Ihr Umzug in die Schweiz wirkte wie ein Befreiungsschlag und ermöglichte die Entfaltung ihrer unglaublichen Kreativität und Schaffenskraft.
«Sie hat alle Klischees, die mit Frauen in Verbindung gebracht werden, beiseite geräumt.»
Selma Alihodžić
«Polyvolume» von Mary Vieira
Rund zwei Monate nach der Einweihung des neuen Bibliotheksgebäudes der Universität Basel von Otto Senn wurde dort am 27. Dezember 1968 die Skulptur «Polyvolume» der brasilianischen Künstlerin Mary Vieira (1927–2001) aufgestellt. Die Plastik befindet sich auf dem Vorplatz zur Ausleihe und den Katalogsälen und steht somit an einem zentralen Ort der Begegnung. Den Betrachtenden zeigt sich bei jedem Vorbeigehen ein anderes Bild. Das Werk wurde von Vieira – der Spitzenreiterin der kinetischen Kunst – bewegbar gestaltet. Im Gegensatz zu statischer Kunst lädt die Skulptur dazu ein, mit ihr zu interagieren. So können die aufeinandergeschichteten Aluminiumplatten der rund 3 m hohen Plastik jederzeit neu ausgerichtet werden.
«Dreamer (Wie tief ist die Zeit?)» von Katja Schenker
Inwieweit gehen wir in unserer jetzigen Zeit in die Vergangenheit zurück, um daraus Hoffnung für die Zukunft zu schöpfen? Mit einer Höhe von stolzen 11 m hat Katja Schenker mit ihrem Werk «Dreamer (Wie tief ist die Zeit?)» ein Mahnmal für den respektvollen und ressourcenschonenden Umgang mit der Natur geschaffen. Der Monolith, der rund 100 Tonnen wiegt, enthält die neuste Geschichte der Schweiz. Die Künstlerin hat für ihr Werk, das in der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Muttenz steht, in der ganzen Schweiz Naturelemente wie Stämme, Zweige und Steine gesammelt und diese Schicht für Schicht vor Ort in Beton eingegossen. Ganze zwei Jahre hat Schenker an ihrem Zeitzeugnis gearbeitet. Generationen von Studierenden der Architektur, Life Sciences, Pädagogik und Sozialen Arbeit werden tagtäglich am Kunstwerk vorbeigehen und ihre eigene Zukunft bauen sowie das Bild der Schweiz – hoffentlich nachhaltig – prägen.
Sämtliche vorgestellte Werke haben nicht den Anspruch, den Stadtraum zu verschönern – aber dennoch tun sie dies. Sie laden dazu ein, sich um das Werk zu bewegen, und über sich und die Zukunft nachzudenken. Obwohl sie auf den ersten Blick befremdlich erscheinen mögen, nehmen sie den Raum ein und stehen wie selbstverständlich da.
Für Selma und Sophie sind die ausgewählten Stadtschätze hoffnungstragende Begegnungsorte. Es sind Räume, die es einem ermöglichen, sich für die Idee eines anderen Menschen zu öffnen und zu begeistern. Sie regen zum Nachdenken an und inspirieren dazu, etwas zum Positiven zu verändern.
Ausstellungstipp zu dieser Folge: «Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten» im Kunstmuseum Basel | Hauptbau